Tod an der Alster
Anke Küpper

HarperCollins

Taschenbuch

ISBN 978-3-9596-7477-5

11,– € [D], 11,40 € [A]

Eine Frau läuft im farbenreichen Spektakel des Feuerwerks über der Alster vor einen Bus. Erst bei genauem Hinsehen entdecken Svea Kopetzki und die Kollegen von der Mordkommission die Stichspuren am Hals. Hat sich die bekannte Schönheitschirurgin aus ihrer nahen Praxis vor einem Angreifer in die Menschenmassen des Alstervergnügens flüchten wollen? Wer hatte sie angegriffen? Ein Einbrecher, ein rachsüchtiger Ex-Patient oder steckte doch etwas ganz anderes dahinter? Hauptkommissarin Svea Kopetzki muss viele Fragen in der ihr verhassten Welt der Neu-Reichen und Neu-Schönen Hamburgs stellen.

Anke Küpper

© Evelyn Meiforth

Anke Küpper

Anke Küpper studierte Germanistik, Romanistik und Medienwissenschaften. Seit über zwanzig Jahren arbeitet sie als Buchautorin und Texterin. Neben ihren Kriminalromanen, in denen sie ihre Wahlheimat Hamburg zum Schauplatz macht, hat sie mehr als achtzig Sachbücher und Pixi-Geschichten sowie zahlreiche Quizze und Spiele veröffentlicht, darunter einige Bestseller. Sie hat bereits mehrere Krimi-Anthologien herausgegeben, ist in Hamburg als Literaturveranstalterin aktiv und leitet Schreibworkshops für Kinder und Erwachsene. 

 

Leseprobe

Hauptkommissarin Svea Kopetzki beugte sich über die Tote auf der Bahre. Die Frau hatte die Augen weit aufgerissen, ihr blondes Haar war blutverschmiert, trotzdem wirkte ihr Gesicht friedlich wie das einer Madonna. Ob es an den gleichmäßig geschwungenen Brauen, der zarten Nase und den herzförmigen Lippen lag? Svea hatte noch nie so ebenmäßige Züge gesehen. 

„Kann sie dann weg?“ Der Notfallsanitäter knackte mit den Fingern. 

 „Moment noch!“ Svea wandte sich an den Kollegen vom Kriminaldauerdienst, der neben ihr auf der Straße stand. „Irgendwelche Hinweise, wer sie ist?“

„Bis jetzt nicht.“ Brandt schüttelte den Kopf. Am Telefon hatte er ihr bereits berichtet, dass die Frau direkt vor dem Bus auf die Straße gelaufen und durch den Aufprall meterweit durch die Luft geschleudert worden war. Umgebracht hatte sie laut Notarzt allerdings etwas anderes. 

Deshalb hatte Brandt die Mordbereitschaft angefordert. Und die Spurensicherung, die kurz nach Svea eingetroffen war; Freder Birk und seine Mitarbeiter waren noch dabei, ihren Transporter zu entladen. Daneben schlüpfte gerade Sveas Mitarbeiterin Franzi mit ihrem Fahrrad unter dem Absperrband hindurch. Fehlte nur noch Tamme. Wie lange er wohl diesmal brauchte?

„Hi“, hauchte Franzi wenig später, eine Hand am Lenker, mit der anderen strich sie sich eine Strähne ihres langen blonden Haares hinter die Ohren. „Ich musste das Auto stehen lassen, alles dicht wegen des Feuerwerks.“

Svea bemerkte das Funkeln in Brandts Augen, wie so viele Männer reagierte er reflexhaft auf Franzis modelmäßiges Äußeres. Aber zum Glück hatte die junge Kollegin weit mehr zu bieten als nur eine schöne Hülle. Svea hielt große Stücke auf Franzis kriminalistische Fähigkeiten, zumindest bis vor Kurzem. 

„Moin, Frau Grüner.“ Brandt zog das Tuch von dem Körper der Toten. „Das rechte Bein ist komplett zerquetscht. Trotzdem hätte sie den Aufprall womöglich überlebt, hat der Notarzt gemeint. Tödlich war …“, er schaltete seine Handytaschenlampe ein und leuchtete auf den Hals der Frau, „wohl das hier.“ 

Eine Wunde, frisch und so tief, dass vermutlich die Halsschlagader verletzt worden war. Das Opfer musste innerhalb von Minuten verblutet sein. Svea hörte, wie Franzi schluckte.

„Das ist vor dem Zusammenstoß mit dem Bus passiert.“ Er deckte die Frau wieder zu, diesmal auch das Gesicht, und machte eine Kopfbewegung zur Seite. „Wie es aussieht, ist sie von da gekommen. Schöne Aussicht 26.“

Vor allem teure Aussicht, dachte Svea beim Anblick des weißen Villenklotzes, der jenseits der Straße hinter den Buchen aufragte. Seit sie vor knapp zwei Jahren aus Dortmund nach Hamburg gekommen war, ertappte sie sich zwar immer öfter dabei, sich in der Stadt wohlzufühlen, aber an das Gefälle zwischen Arm und Reich hatte sie sich noch nicht gewöhnt. Konnte man sich überhaupt daran gewöhnen?