Borkumer Rache
Ein Krimi aus dem Nordwesten
Peter Gerdes
Gmeiner-Verlag
Taschenbuch
Peter Gerdes
Gebürtiger Ostfriese. Germanist, Anglist, Lehrer, Journalist, Tageszeitungsredakteur.
Autor von bislang 20 Kriminalromanen, zahlreichen Kurzgeschichten, einem Sciencefiction-Roman.
Seine Krimis „Der Etappenmörder“, „Fürchte die Dunkelheit“ und „Der siebte Schlüssel“ wurden für den Literaturpreis „Das neue Buch“ nominiert. Zuletzt erschienen: "Hetzwerk" (2021), "Verrat verjährt nicht" (2021), "Oldenburger Kohlkönig" (2022), "Borkumer Rache" 2023.
Seit 1999 ehrenamtlicher Initiator und Organisator des alle zwei Jahre stattfindenden Literaturfestivals "Ostfriesische Krimitage".
Mitglied im PEN Berlin
Von 2018 bis 2023 zuständig für das Festival des SYNDIKAT e.V., die CRIMINALE.
Leseprobe
Er hatte eine Sekunde zu lange gezögert. Harald Harms’
Hände schnellten nach vorn und trafen Klaas wie ein Rammbock auf dem Brustkorb. Im nächsten Moment lag er lang ausgestreckt auf dem Rücken. Der nasse Schlick spritzte nur so.
Harms ging neben ihm in die Knie und hielt ihn mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand unten. Mit der linken zog er etwas aus seiner Brusttasche. Einen Zettel? Nein, ein Bild. Ein Polaroidfoto. Waren die Dinger nicht schon längst aus der Mode?
»Hier«, sagte Harms. »Das bist du doch, oder?«
Klar, das war er. Und das da war Silke. Ihre Körper waren so eng ineinander verschlungen, dass sie wie einer wirkten, aber ihre Gesichter waren deutlich zu erkennen. Augen geschlossen, Münder geöffnet, Zungenspitzen feucht glitzernd. Wann und wo war denn dieses Foto aufgenommen worden? Und von wem?
»Das bist du«, stellte Harms fest. »Mit meiner Frau. Das ist meine Frau, verstehst du? Was ihr da treibt, ist Ehebruch. Ehebruch! Du sollst nicht ehebrechen, heißt es im sechsten Gebot. Sagt dir das was, du Schweinehund?«
Klaas hatte sich überraschen lassen, aber er hatte zu viele Raufereien mit seinem älteren Bruder ausgetragen, um sich so schnell zu ergeben. Sein linker Arm schnellte nach oben, seine rechte Schulter rutschte über den Schlick nach hinten. Harald Harms geriet aus der Balance, als sich der Brustkorb unter seiner rechten Hand so plötzlich verflüchtigte. Klaas zog die Knie unter den Körper und richtete sich auf. Gleichzeitig standen die beiden Kontrahenten wieder auf den Füßen. Diesmal war es Klaas, der Harald Harms seine schlickverschmierten Hände vor die Brust rammte. Harms aber rührte sich kaum, stand fest wie eine Litfaßsäule. Das Foto hielt er immer noch in der Hand.
»Wo hast du das Bild her?«, schrie Klaas ihn an. »Welcher miese Spanner hat das gemacht?«
Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Peter Gerdes
Wo schreibst du am liebsten?
Zu Hause, da ist der Tee immer in Reichweite.
Welcher ist dein Lieblingskrimi?
Gerade wieder „Die Terroristen“ von Sjöwall/Wahlöö.
Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?
Natürlich Heike Gerdes.
Warum bist du im SYNDIKAT?
Schreiben ist ein einsames Geschäft, ist außenseiterisch; da tut es gut, immer mal wieder Gleicher unter Gleichen zu sein.
Dein Lieblingswort?
Criminale.
Dein Sehnsuchtsort?
So gut wie jede Küste.
Dein Lieblingsgetränk?
Tee. Außer früh morgens und spät abends.
Dein Lieblingsmord?
Roald Dahls Hammelkeule.
Wo findest du Ruhe?
Beim Bogenschießen.
Wo Aufregung?
Bei Bogenturnieren.
Deine persönlich meist gehasste Frage?
Warum schreiben Sie Krimis, warum nicht richtige Romane? Das ist so dumm! Und ein gutes Mordmotiv.