Keimzeit
Bernd Mannhardt

be.bra Verlag

Taschenbuch

ISBN 978-3-8980-9524-2

10,– € [D], SFr. 13,30 [CH], 10,30 € [A]

Vor dem Pinkelhäuschen am Moabiter Stephanplatz liegt ein Toter. Es handelt sich um den erfolglosen Foto-Künstler Stephan Klein, der nicht nur mit dem Inhaber der örtlichen Kunstgalerie über Kreuz lag, sondern auch mit den Leuten, die ihn mittels Luxussanierung aus seiner Altbauwohnung vertrieben haben. Kommissar Hajo Freisal fi ndet sich bei seinen Ermittlungen unversehens in einer Schlangengrube aus Kulturschaffenden, Gentrifi zierungsgegnern und Bauträgern wieder – und sieht sich bald mit einer bizarren Wendung des Falls konfrontiert.

Bernd Mannhardt

© Uwe Mannhardt

Bernd Mannhardt

In den Neunzigern letzten Jahrhunderts veröffentlichte Bernd Mannhardt seinen ersten Krimi „Solowetz oder: Warte, warte nur ein Weilchen“ beim WDR als Hörspiel.

Sein Roman-Debüt heißt Schlussakkord, ein Hauptstadt-Krimi mit dem Kommissar Hajo Freisal, der im Februar 2015 beim Be.Bra-Verlag, Berlin, als Reihentitel erschien. Es folgten die Kriminalromane Keimzeit, 2016, und der dritte Freisal-Band Giftzwerg, 2017. Die Reihe erreichte im Durchschnitt 4,8  von 5 Sterne bei 40 Bewertungen. "Die Rezensionen lesen sich beinahe wie Liebeserklärungen", meint der Autor. "Ich bin, ehrlich gesagt, schon etwas gerührt."

Neben Mordsfidele Geschichten für quietschvergnügte Leser schrieb Bernd Mannhardt auch Rezensionen für das Stadtmagazin Zitty, Feature für DeutschlandRadio und Kurzhörspiele für WDR und HR. Zwei Einakter wurden uraufgeführt.

Der Autor produziert und spricht Hörbücher, lebt in Berlin und ist seit vielen Jahren in der Öffentlichkeitsarbeit tätig. Er ist Mitglied im Syndikat, Autorenvereinigung deutschsprachige Kriminalliteratur.

Aktuelles steht auf der Autorenwebseite www.bernd-mannhardt.de

Empfehlung der Woche

Keimzeit ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 30. Mai 2016.

Kritikerstimmen

Der Roman des Berliners Mannhardt kann sich in der Masse der deutschen Regionalkrimis durchaus behaupten. Besonders gut gelungen sind Mannhardt die Dialoge, deren Direktheit und Respektlosigkeit die Berliner Mentalität authentisch vermitteln und so manchen Nicht-Berliner ungläubig zurücklassen – und beim Lesen viel Spaß machen.
ekz 2015/18 – Franziska Kunz über den Vorgängertitel "Schlussakkord. Ein Moabit-Krimi"

Hervorragend sind wieder die witzigen und manchmal sarkastischen Dialoge.
Klasse Story, zwei sympathische Ermittler.
Krimigenuss in Höchstform, unbedingt lesen!
Lesermeinungen auf lovelybooks (fünf Sterne)

Drei Fragen an Bernd Mannhardt

Wann begann Ihre kriminelle Laufbahn?
Meinen ersten Krimi veröffentlichte ich 1994 als Hörspiel beim WDR.

Wie viele Verbrechen gehen auf Ihr Konto?
Zu viele (ich habe deshalb auch mehrere Konten).

Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?
Auch ich kann nicht anders.  

Leseprobe

Der Professor ging neben der Leiche in die Hocke und warf die Abdeckplane zur Seite. Mit einer seitlichen Kopfbewegung dirigierte er Gutzeit zu sich herunter. Sie hockte sich neben Schnidt, der sich unterdessen Gummihandschuhe überstreifte.
Schnidt fasste mit seiner Rechten an den offenen Parka und schlug den Jackensaum auf. Unter dem Parka trug der Tote einen dicken, braun-weiß gemusterten Norwegerpullover, der bis zum Kragen mit Blut vollgesogen war. Wie ein Schwamm, dachte Gutzeit. Das Messer steckte auf Bauchhöhe. Sie schätzte, dass der Tote einen Meter siebzig groß war.
„Er wiegt vielleicht 75 Kilo“, sagte Schnidt. „Durch diesen Körper sind einmal sechs bis sieben Liter Blut pulsiert. Eindeutig zu viel Flüssigkeit für einen auch noch so dicken Norweger.“
Gutzeit blickte auf den Boden neben dem Toten. „Keine Blutspuren“, konstatierte sie. „Wie ist das möglich? Kann Schnee Blut über einen längeren Zeitraum überdecken?“
„Kommt aufs Mengenverhältnis an“, sagte Schnidt. „Denken wir nur mal an Skiunglücke in den Alpen: erst Absturz, dann Lawine… - keine Spur!“
Gutzeit runzelte die Stirn. Alpen, sicherlich, dachte sie. Was hat das mit Berlin zu tun? Natürlich nichts. Sie erinnerte, dass der Professor bei der Kripo berühmt-berüchtigt war für seine launigen Vergleiche. Gutzeit schabte unmittelbar vor dem Leichnam im Neuschnee. Kein Blut.  
„Mysteriös“, sagte sie. „Der Mann ist doch verblutet. Vielleicht nicht hier? Vielleicht ist er von dem oder den Tätern nur hier abgelegt worden?“
„Ich muss mir die Leiche näher angucken“, stellte Schnidt fest. „Vorher kann ich dazu nichts sagen. Aber ich will Sie schon mal auf was hinweisen“, sagte er und zeigte mit der Rechten aufs Tatwerkzeug. „Das Messer steckt bis zum Griff im Körper.“
„Sie denken, da muss jemand mit Wucht zugestoßen haben? Lässt das auf einen kräftigen Täter schließen?“
„Kann sein, ja.“ Schnidt zog behutsam die schätzungsweise fünfzehn Zentimeter lange Klinge aus dem Oberkörper. „Der menschliche Körper ist nicht aus Watte. Um ein Messer bis zum Anschlag… also, da muss einiger Widerstand überwunden werden.“
Mit der Linken nestelte Schnidt routiniert eine Plastiktüte hervor und legte das blutverschmierte Tatwerkzeug hinein. „Noch wissen wir nicht, ob mit dem Messer ein- oder mehrmals zugestoßen worden ist.“ Er überreichte Gutzeit den Beutel. „Wie gesagt, Näheres morgen. Augenscheinlich ist jedoch, dass es sich beim Tatwerkzeug…“
„… um ein Küchenmesser handelt.“ 
„Ist schon mal eine Erkenntnis“, konstatierte Schnidt und stemmte sich in die Vertikale. „Sie bekommen Bescheid, Frau Gutzeit.“ Er legte ihr zur Verabschiedung die Hand  auf die Schulter. „Muss jetzt los“, sagte Schnidt (und verschwand).
Gutzeit war in der Hocke geblieben. Sie legte die Beutel mit den Asservaten neben sich auf den Boden, zog Gummihandschuhe aus ihrer Jackentasche und über die Hände.
Der Tote lag auf dem Rücken, dicht an der hinteren Wand des Pissoirs. Yasmine Gutzeit ließ ihren Blick für einen kurzen Moment über das unmittelbare Umfeld des Fundortes schweifen. Wären die Polizeischeinwerfen nicht gewesen, hätte sie kaum Details erkennen können. Die relativ weit auseinander stehenden Gaslaternen, vierflammige Aufsatzleuchten aus den Zwanzigern mit pudelmützenartigen Hauben, mochten romantisches Licht spenden, erhellten den ohnehin schwer einsehbaren Fundort aber kaum. Möglicherweise hätte man den Mann vor Tagesanbruch nicht gefunden, wäre da nicht der anonyme Anrufer gewesen.
Sie musterte den Kopf des Toten. Ihr fiel eine Platzwunde an der rechten Stirnseite auf. Sie berührte sie mit dem rechten Zeigefinger und schaute auf das Latex am Finger. Kein Blutabdruck. Offenbar unlängst getrocknet, dachte sie, das Blut war in einem feinen Rinnsal an der Schläfe heruntergelaufen. War der Mann nicht nur erstochen, sondern zuvor erschlagen worden?
Sie deckte die Leiche wieder zu, nahm den Beutel mit dem Messer in die eine, das Plastiksäckchen mit dem Ausweis in die andere Hand und trat einen Schritt hinein ins ebenfalls über Standscheinwerfer hell erleuchteten Pinkelhäuschen. Der SpuSi-Mann kniete in weißem Overall mit dem Rücken zu ihr vor der im vieleckigen Rund verlaufenden Pinkelrinne.