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Vorstellung der GLAUSER-Nominierten 2025: Kategorie Kurzkrimi: Rita Janaczek
Wir stellen euch, nach und nach, die Nominierten der GLAUSER-Preise vor.

Rita Janaczek (Foto © Studio Almishots)
7 Minuten vor Mitternacht. (Machandel)
In der Familie ihrer besten Freundin läuft alles beneidenswert normal, die darf sich austoben – Selina hingegen nicht. Selina gibt auf ihren kleinen Bruder acht, Selina hilft ihre Mutter, Selina hilft allen, die Hilfe benötigen. Das sich um andere Kümmern hilft ihr nämlich ungemein zu vergessen, wie normal einst auch ihr Leben gewesen ist - bevor ihr Vater Selbstmord verübt hat. Bevor Mamas neuer Freund eingezogen ist und mit ihm Gewalt. Selina versucht, ihrer Mutter beizustehen, aber sie scheitert. Trotzdem ist sie wild entschlossen ihre Familie zu retten.
In ihrer dialogreichen Geschichte zeichnet Rita Janaczek das zerbrechliche Wesen einer Jugendlichen nach, die durch die Tragik ihrer Familiengeschichte viel zu früh erwachsen werden musste. Allmählich das Spannungspotenzial steigernd, lässt die Autorin uns Selinas Ausweglosigkeit szenenstark aufgebaut nachspüren, bis wir gedanklich mit Selina gemeinsam hinter der Tür zum Kinderzimmer stehen und uns entscheiden müssen: Jetzt oder nie.
Bundesverdienstkreuz für Ingrid Noll
Ingrid Noll, Grande Dame des deutschsprachigen Krimis und SYNDIKATS-Mitglied, wurde gestern mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Die Auszeichnung verleiht der Bundespräsidenten für politische, wirtschaftlich-soziale und geistige Leistungen. Sie würdigt ein hervorragendes Engagement, das für das Gemeinwesen eine besondere Bedeutung hat. „Deutschlands Krimifans kennen Ingrid Noll natürlich vor allem als Autorin packender Romane. Hier in der Region Weinheim aber steht ihr Name auch für vorbildliches bürgerschaftliches Engagement. Ihr Einsatz für die Stadtgesellschaft von Weinheim und für die gesamte Region ist wirklich bewundernswert. Bei Kindern Freude am Lesen zu wecken und Umgang mit Sprache zu fördern, ist ihr ein besonderes Anliegen. Vielen Dank dafür! ”, so Baden-Württembergs Kunstministerin Petra Olschowski bei der Feier im Bürgersaal des Alten Rathauses am Marktplatz in Weinheim. Wir gratulieren ganz herzlich!

(v.l.n.r): Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just, die Landtagsabgeordnete Fadime Tuncer, Trägerin des Bundesverdienstkreuzes Ingrid Noll, Ministerin Petra Olschowski, Claudia Schmid – die Glückwünsche des SYNDIKATS überbrachte und MdB Alexander Föhr.
Foto: © Jürgen Schmid, Kriminetz
Vorstellung der GLAUSER-Nominierten 2025: Kategorie Roman: Till Raether
Wir stellen euch, nach und nach, die Nominierten der GLAUSER-Preise vor.

Till Raether
Danowski: Sturmkehre (Rowohlt Polaris)
Foto © Vera Tammen
Dem Hamburger Hauptkommissar Adam Danowski steht das Wasser bis zum Hals. Er hat etwas getan, das ihn ins Gefängnis bringen und damit alles kosten könnte, was ihm wichtig ist. Leider weiß das auch sein Vorgesetzter Kienbaum. Dessen Plan: Danowski zum Steigbügelhalter seiner eigenen Karriere machen. Er soll einem soeben gefassten Serienmörder den Cold Case einer Vermissten unterschieben, um die Statistik zu frisieren. Danowski steht vor der Wahl: Mitmachen? Oder die seit den 1990ern verschwundene Maria Kolossa selbst finden? Er macht sich auf den Weg und gerät in einen perfekten, tödlichen Sturm.
Till Raether orientiert sich am klassischen Ermittlerkrimi und bricht doch mit den Konventionen. Plot und Figuren verweigern sich unseren Erwartungen, wirken dabei aber nie gewollt originell oder effekthascherisch, sondern glaubwürdig in ihrer Vielschichtigkeit. Mit teils philosophischer Lakonie erweckt der Autor Charaktere zum Leben, für die unser Herz schlägt – und bricht. Ein nur vordergründig stiller Kriminalroman, der sich unauffällig gibt, und gerade deshalb herausragt.
Erika und Klaus Mann-Preis: „In einer neuen Welt"
„In einer neuen Welt" lautet das Motto des Preises für Nachwuchsliteratur, den die Hamburger Thomas Mann-Gesellschaft ausschreibt. Dies umfasst innere Erfahrungen, zum Beispiel Aufbrüche in neue Gefühlswelten, ebenso wie Veränderungen in der unmittelbaren äußeren Lebenswelt und im politischen Raum oder utopische und dystopische Phantasiewelten. Das Thema kann literarisch oder essayistisch umgesetzt werden.
Die Ausschreibung richtet sich an alle zwischen 16 und 27 Jahren (m/w/d), die in der Metropolregion Hamburg wohnen – egal, ob sie schon Texte publiziert haben oder erstmals mit ihren Geschichten an die Öffentlichkeit treten. Ausdrücklich werden junge Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft eingeladen, sich zu bewerben. Sie können Kurzgeschichten oder Essays von bis zu 15 Seiten (à 1.800 Zeichen inkl. Leerzeichen pro Seite) einreichen. Einsendeschluss ist der 15. Mai 2025.
Neben den drei mit Geldpreisen dotierten Texten, ein Mal 2.000 und zwei Mal 1.000 Euro, werden weitere, von der Jury ausgewählte Arbeiten ausgezeichnet. Es ist geplant, alle prämierten Beiträge in einer Anthologie zu veröffentlichen. Alle Infos zur Ausschreibung findet ihr hier.
Vorstellung der GLAUSER-Nominierten 2025: Kategorie Kinderkrimi: Benjamin Tienti
Wir stellen euch, nach und nach, die Nominierten der GLAUSER-Preise vor.


Benjamin Tienti
Wer schnappt Ronaldo? Kopfgeld auf ein Chamäleon (Oetinger)
Nivin und Linus träumen beide vom großen Geld – allerdings aus sehr unterschiedlichen Gründen. Nivin lebt mit ihrer Familie in einer zu kleinen Wohnung. Sie braucht das Geld für ein eigenes Zimmer. Linus, der aus einer wohlhabenden Familie kommt, möchte sich seinen Wunsch nach einem Pony erfüllen. Als die beiden Kinder Suchplakate für ein entlaufenes Chamäleon entdecken, für dessen Auffindung es eine hohe Belohnung gibt, ist ihnen klar: Sie müssen das Tier finden. Die beiden Konkurrenten merken schnell, dass sie kooperieren müssen. Die Suche entwickelt sich zu einem spannenden Abenteuer, bei dem sie auf schräge Charaktere treffen und sich eine echte Freundschaft entwickelt.
Benjamin Tienti erzählt einen originellen und kindgemäßen Berliner Kinder-Krimi, in welchem der Ausgang nicht vorhersehbar ist. Die Prota- und Antagonisten wirken wie aus dem Leben gegriffen, auch wenn sie manchmal ein wenig überspitzt dargestellt werden.
Real Cases und Witziges. Heute: Folge 19
REAL CASES - spannend, kurios, lustig und manchmal unglaublich, aber wahr!
Der (fiktive?) Polizist Andreas Müller erinnert sich in unserer „real-cases-Serie“ an seine polizeiliche Dienstzeit. Er blickt zurück auf „Streifengänge“ als Schutzpolizist und spektakuläre Ermittlungen bei der Kripo, aber auch auf „private“ Ereignisse im Beruf, die ihm sehr viel Spaß bereitet haben. Da Müller als NÖEB (nicht öffentlich ermittelnder Beamter) später bei verdeckten Ermittlungen im Drogenmilieu eingesetzt war, möchte er seine wahre Identität verbergen. Er bietet uns jedoch einen „unverblümten“ Blick hinter die Kulissen des Polizeialltags in jener Zeit „als die Polizei noch Käfer fuhr“. Müller (Gitarrist der ehemaligen Syndikatsband deren Name ja auch „Streng geheim“ war) möchte aus Angst vor Repressalien und drohenden Dienstordnungsverfahren (Verstoß gegen die „Ormetà“ und „Beschmutzung des Berufsstandes“) weiterhin „unter dem Asphalt leben“. Müller denkt an kuriose Begegnungen, außergewöhnliche Ermittlungsmethoden und effektive Überwachungsstrategien und an Menschen, die der Polizei nicht immer freundlich begegnet sind. Er ist „der festen Überzeugung“ (so reden Politiker auch immer) er sei stets „Freund und Helfer“ für Menschen in Notsituationen gewesen.

In der närrischen Jahreszeit steigen auch „Butze“ in die „Bütt“
Die fünfte Jahreszeit wirft ihre Schatten voraus und bald werden die ersten Jecken nicht nur in geschlossenen Räumen, sondern auch auf den Straßen tanzen, denkt Andreas Müller, als ihm bei der morgendlichen Lektüre der Rhein-Zeitung das Foto mit hübschen Mädchen einer Koblenzer Ballettschule über eine Karnevalssitzung nicht nur „ins Auge springt“. Der pensionierte Polizeibeamte erinnert sich noch gut an die Schwerdonnerstagsitzungen des CCPP (Carnevals-Club-Polizei-Präsidium) in der Kantine vom „Mutterhaus der Polizei“. Polizeipräsident Helmut Wintrich (auch Party-Präsident genannt) war „dem rheinischen Karneval freundlich gesinnt“ und genoss jedes Jahr seine Festnahme durch die Stadtsoldaten des Prinzen (siehe Foto). Und so begannen bereits Monate vor den närrischen Tagen –mit ausdrücklicher Erlaubnis des Dienstherrn während der regulären Dienstzeit - die ersten Vorbereitungen. Einige Karnevalsjecken entwarfen Büttenreden, andere probten akrobatische Tanzeinlagen und die Hausmeister kümmerten sich um Technik und Aufbau einer großen Bühne für den „Elferrat“. Besonders kreativ war Molly vom Erkennungsdienst, der nach einem Motiv der „Münz“ - dem berühmt berüchtigten Koblenzer Altstadt-Revier – mit Blick auf die „große Schwester“ in Hamburg „Koblenzer „Davidwache“ genannt – jedes Jahr außergewöhnliche Karnevalsorden „bastelte“. Diese Orden sind bei Koblenzer Karnevalisten immer noch als „Sammlerobjekte“ begehrt. Einer der Höhepunkte (sage man damals schon high-light?) war Müllers Auftritt mit dem CCPP-Trio, das jedes Jahr den „Bullenstall“ zum Toben brachte. Müller sammelte im „Berichtsjahr“ lustige (teils noch unbekannte) Ereignisse des vergangenen Jahres und schrieb Texte, die das Trio mit bekannten Songs und Karnevalsliedern auf der Bühne präsentierten.
Zu dieser als „närrischer Geheimtipp“ bekannten Veranstaltung (heute würde man Event sagen) wurden ausschließlich befreundete Behörden eingeladen. Nachdem jedoch im Zuschauerkreis mehrere „amtsbekannte“ Personen (Loddel, Luder und Lolitas) erkannt wurden, musste der Verkauf der Eintrittskarten und der Zutritt (gefälschte Karten?) kontrolliert werden, denn Müller hatte in einem Song das Leben einer bekannten Koblenzer Lebedame (datt Kowelenzer Nitribitt, iss su goldisch in der Mitt).
Aber er hatte auch harmlosere Texte verfasst, unter anderem auf die Melodie „Heile heile Gänsche“ eines bekannten Karnevalslieds des Mainzer „Fassenachters“ Ernst Neger ein Schunkellied (Anmerkung. Neger darf man schreiben, weil es ein Familienname ist).
Wie schnell gieht doch e Johr vorbei, unn eh mir uns umsehn,
iss Fassnacht wieder do, unn mir stien off der Bühn.
Dat Liedeche watt mir mitgebracht,
datt dot erst rischtisch klinge,
wenn alle Butze hei im Saal,
dä Refrain mit uns don singe:
unn jetz kütt et:
KNEIF DIR IN DE BOBBES, STELL DICH OFF DE KOPP,
LOS DIE POPPE DANZE, WALZER UNN FOXTROTT.
DENN DAT KURZE LEWE GIEHT VIEL ZO SCHNELL VORBAII,
UNN WENN DE DANN BEIM PETRUS BISS, ISS AUS MIT NARRETEI! OLAU!
Anmerkung der Redaktion. SYNDIES, für die „Kowelenzer Platt“ eine Fremdsprache ist, und „Rechtschreibfahndern“ bietet der Autor eine Übersetzung an. Anfragen gerne per E-Mail

Foto: Gerd Schuth

Jörg Schmitt-Kilian (ehem. Drogenfahnder und KHK a.D.) hat zahlreiche Bücher (u.a. einen SPIEGEL-Bestseller, mit Uwe Ochsenknecht verfilmt) und Themenhefte zur Früherkennung und Bewältigung von Krisensituationen (Drogen, Gewalt, school-shootings) mit einer Gesamtauflage von mehr als einer halben Million Exemplare geschrieben. Im September ist ENTFÜHRT der vierte Krimi seiner Serie „Neben der Spur“ erschienen.
Vorstellung der GLAUSER-Nominierten 2025: Kategorie Roman: Nicole Eick
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Wenn der Engel kommt (Edition Tingeltangel)
Foto © Thomas Endl
Sommerhitze liegt über der Stadt, als in einem Hochhaus die stark verweste Leiche einer alten Frau gefunden wird. Binnen weniger Wochen folgen drei weitere rätselhafte Todesfälle. Für die Bamberger Kommissare Alfred Meister, Dominique Brodbecker und Nilay Esen laufen alle Fäden bei Sonjas PflegeEngel zusammen, aber Tatortspuren und Zeugenaussagen deuten zugleich auf einen seit 25 Jahren unaufgeklärten Mordfall hin.
Wenn der Engel kommt ist ein Sozialkrimi im besten Sinne. In knappen, präzisen Worten zeichnet Nicole Eick ein verstörendes Bild der Gesellschaft, ohne zu werten oder zu urteilen. Sie präsentiert keine Ermittler, Täter oder Opfer, sondern Menschen, deren Handeln selten rational, aber immer nachvollziehbar ist, und gibt ihnen ihre individuelle Stimme. In ihren Schwächen und Stärken, in ihrer Fehlbarkeit und ihrer Sehnsucht nach dem Unerreichbaren berühren sie uns zutiefst.
Vorstellung der GLAUSER-Nominierten 2025: Kategorie Kurzkrimi: Elsa Dix
Wir stellen euch, nach und nach, die Nominierten der GLAUSER-Preise vor.
Elsa Dix (Foto © Meike Reiners)
Eiswellen.
In: Du stirbst nicht nur zur Sommerzeit. (HarperCollins)
Sommer 1968. Eher widerwillig verbringt Student Wolfgang einige Urlaubswochen auf Norderney. Dort entdeckt er Gesa, ein junges Mädchen von der Insel. Er beobachtet sie, spricht sie schließlich an. Sie weist ihn höflich ab. Daraufhin entwickelt er eine Obsession für sie, die zum konkreten Mordplan wird. Am Ende sieht Gesa nur noch einen Ausweg sich zu befreien. An einem kalten Wintermorgen führt sie ihn ins Watt, aus dem nur einer von ihnen zurückkehren wird.
Mit kühler Sprache schafft Elsa Dix in ihrem Kurzkrimi „Eiswellen“ eine karge Inselwelt, die sich bis in das Innenleben der Figuren erstreckt. Mit ihren reduzierten, niemals überfrachteten Sätzen schafft sie Bilder von hoher atmosphärischer Dichte, die uns mit kalter Wucht treffen und berühren. Auch wenn die Handlung – Mann stalkt Frau, die sich schließlich notgedrungen zur Wehr setzt – im ersten Augenblick althergebracht wirkt, so ist es doch gerade das elegante Unspektakuläre, das die Gesamtkomposition so stimmig macht.