Zeit heilt keine Wunden
Werner Pfeil

Eire Verlag Borchen

400 Seiten, Der 7. Senne Krimi von Autor Werner Pfeil. Jedes seiner Bücher beinhaltet eine abgeschlsossene Story, die ohne Vorkenntnisse aus vorherigen Büchern der Reihe, gelesen werden können.
noch nicht erschienen

ISBN 978-3-9433-8067-5
1. Auflage

15,90 € [D], SFr. 0,– [CH], 0,– € [A]

 

April 1945 Kriegsende. Paderborn liegt in Trümmern und Hunderttausende auf der Flucht in die Wolfzeit, wo einzig die Macht des Stärkeren regiert. Was der Kriegswitwe bleibt, ist das nackte Leben und ihre Tochter. Auf einem Hof in der Senne finden sie eine neue Heimat, eine entsetzliche, wie sich herausstellt. Die Wunden, die Missbrauch und Grausamkeit im Herzen geschlagen haben, heilen nie.

Dann passieren schreckliche Dinge und das Paderborner Ermittlerteam um Vincent Blohm und Melanie Schwarz stehen vor einigen Rätseln, denn sie müssen Spuren im verstaubten Dreck der Vergangenheit suchen. Als sie dem skrupellosen Mörder auf die Schliche kommen, lösen sie eine Kettenreaktion aus, die weitere, mögliche Opfer in Angst und Schrecken versetzt.

Werner Pfeil

© Werner Pfeil

Werner Pfeil

Werner Pfeil wurde am 14.03.1957 in Paderborn geboren. 

Er ist geschieden und fest mit der Heimat am Tor zu Senne in Hövelhof verwurzelt. Als Vater zweier erwachsener Kinder sowie zweifacher, ziemlich stolzer Opa, lebt er inmitten der Familie in einem Viergenerationenhaus. An Wochenenden zieht es ihn allerdings, der Liebe wegen, an den Weserbogen in Rintelns schöne Altstadt.

Schule war nicht so sein Ding, deshalb schloß sich nach dem Hauptschulabschluß eine Ausbildung zum Dreher an. Dann kam die Bundeswehr und veränderte sein Leben. Im Rahmen eines "Stipendiums" erlangte er im Fernstudium einen Abschluss, der ihm den Einstieg in die Offizierslaufbahn ermöglichte. Aufgrund familiärer Umstände zog er es allerdings vor, die Feldwebelebene aufzumischen, was ihm bis zu seinem Ausscheiden in diversen Verwendungen, zuletzt in Divisions- und Brigadestäben gelang. Als ehemaliger Berufssoldat ist er seit März 2010 Pensionär und Veteran, was er aufgrund diverser, insgesamt sieben unterschiedlicher Auslandseinsätze der Bundeswehr in Somalia, Kroatien-Bosnien, Kosovo und Afghanistan von sich behaupten kann.

Seine schauplatzorientierten Kriminalromane und weitere Bücher, schreibt er mit Papyrus Autor. Sie spielen am Rande der Senne und des Wahnsinns.

Zeit heilt keine Wunden Leseprobe

Ihm war kalt, unsagbar kalt. Er lag halb aufgerichtet auf dem Boden, vor ihm die Frau. Eine Indianerin, die er bei der Karnevalsveranstaltung im Delbrücker Laumes Kamp aufgerissen hatte – oder war sie an ihn herangetreten mit dem Vorsatz, ihn zu töten? Hartes bohrte sich in seinen Rücken, an irgendeiner Stelle oberhalb des Steißbeins. Schwer atmend versuchte er, sich auf die Seite zu rollen, aber es gelang nicht. Ein heftiger Schmerz fegte durch seinen Körper und ins Hirn, eine Kakofonie wilder Flüche aus seinem Mund und den Nervenenden, vom Bauchnabel ausstrahlend. Tränen schossen ihm in die Augen. War das sein Ende? Sicherlich keins, das er sich gewünscht hatte. Wer stirbt gern an seiner Arbeitsstätte? Verdammt, was hatte die mit ihm vor, er war doch schon tot. Langsam verdichteten sich die Fakten zu einem Grauen, wie er es nie zuvor verspürt hatte. Sie trat einen Schritt zurück, lächelte auf ihn herab. Er erkannte das Gesicht. Groß und schlank hob sich ihre Kontur vor dem diffusen Licht der Platzbeleuchtung ab. Eine hübsche Frau, wären da nicht die funkelnden, scharfen Blicke, die sie rachsüchtig auf ihn abschoss. Wieso war er beim Tanz im Saal Laumes Kamp auf sie hereingefallen, warum auf die vielen anderen, die er im Laufe seines Lebens verführt hatte? Alles sträubte sich in ihm, nein, nicht so! Der Cowboyhut lag in einer Pfütze, seine Weste mit dem Sheriffstern war aufgeschlitzt, wie das karierte Hemd und die Haut darunter. Cowboy trifft Indianer, wie in einer Schmonzette, aber was sich daraus entwickelte, hatte mit Romantik nichts zu tun. Hier ging es um Mord … an ihm. Sie wollte es mit ihm in den Holzspänen treiben, verrückte Idee, die ihm selbst nie gekommen war. Hatte seine Geilheit den letzten Rest Verstand in ihm ausgeschaltet? Von einem Testlauf ein paar Tage zuvor mussten Späne in dem Bunker vorhanden sein. Sie dürfte den Artikel in der Zeitung gelesen haben, denn über diesen neuen Turm hatte man ausgiebig berichtet, auch, dass die erste Befüllung unmittelbar bevorstand. Den Schlüssel für die kleine, bodengleiche Tür hatte er aus seinem Büro geholt. Sie hatte auf ihn gewartet und ihren Rock bei seiner Rückkehr aufreizend hochgeschoben, sodass ihre halterlosen Netzstrümpfe ihn zusätzlich angestachelt hatten. Trotz seiner misslichen Lage fragte er sich, ob er zu besoffen und nicht zum Schuss gekommen wäre und ob sie an Kondome gedacht hatte? Wie krank war das und wie dumm war er gewesen? Er wagte einen weiteren Versuch, sich aufzurichten, vergeblich, nur den Kopf konnte er ein wenig anheben. Was er sah, verschlug ihm den Atem. Eine klaffende Wunde, aus der erste Innereien quollen, zog sich über seinen ganzen Bauch, bis hin zur Brust. Diese verdammte Schlampe hatte ihn aufgeschlitzt. Alles war voller Blut, krampfhaft versuchte er, die faltigen, sich windenden Darmschlingen festzuhalten, die neben den glitzernden Sheriffstern in den Dreck zu fallen drohten. Warum spürte er die Schmerzen nur am Rande? Er weinte, schrie, aber sein Ruf nach Hilfe verpuffte ungehört in der stockfinsteren Nacht. Aus heiterem Himmel sprang sie vor und stieß den glänzenden Stahl des Messers ein weiteres Mal tief in ihn hinein. Verbissen suchte er ihren Blick, als er auf den harten Boden zurückfiel, wo er wimmernd liegen blieb. Ihm war kalt, so unsagbar kalt. Er zitterte am ganzen Leib. Die Frau stand vor ihm, sah ihn schweigend an. Es war, als sammelte das unheimliche Wesen, das er nicht kannte, Energie, um ihn endgültig zu zerstören. Als wolle es den Moment vor seinem Tod herauszögern, um ihn genießen zu können, aber er wollte tot sein, oder? Nein, nur sich tot stellen, um dem zu entgehen, was unweigerlich folgen würde. Der Tod machte ihm Angst. Sie schaute eiskalt auf ihn herab. Kein Mitleid war in ihren Augen und dann kam die Erkenntnis: Er würde sterben, von ihr würde er niemals Rettung erwarten können. Sie zog ihn wie einen nassen Sack bis in den neuen Spänebunker. Dort hob sie die Abdeckung der kleinen Grube in der Mitte an und ließ ihn hineingleiten. Von der Probebefüllung in den vergangenen Tagen waren schon Sägespäne hier unten und am Aschermittwoch sollte der Bunker bis zum Rand befüllt werden. Er atmete. Noch atmete er. Gleichzeitig ergriff ihn die Gewissheit, dass es die letzten Atemzüge in seinem Leben waren, denn die Späne drangen bereits in seinen Mund ein. Ihre Blicke trafen sich, sein angsterfüllter und ihr triumphierender. Sein Lebensfilm begann vor ihm abzulaufen, mit uralten Schwarz-weiß-Bildern, wie ein Stummfilm. Irgendwann stoppte er, in seiner Jugend. Es gelang ihm kaum, klare Gedanken zu fassen. Er spürte eine innere Wärme aufsteigen, die Schmerzen verebbten, die Kälte verflog. Er war zuhause, auf dem Hof in der Senne. Sein Vater nahm ihn in den Arm, in der Haustür stand die Frau, die er mitgebracht hatte und …? *** Die Indianerin starrte mit stockendem Herzen und nervösem Zittern auf ihr Opfer. Mondlicht ließ den Bunker unnatürlich schimmern. Es würde dauern, bis man ihn und ihre Botschaft finden würde. Genauso lange würde es andauern, bis sie den Gesichtsausdruck, diesen einen letzten Blick des sterbenden Mannes, genießen konnte, denn es war ihr Geheimnis. Niemand wusste davon. Sie empfand beim Anblick des sterbenden Mannes und jeder einzelnen Darmschlinge, die sich schlangenartig aus ihm herauswand, Verachtung und Genugtuung. Er würde schreckliche Schmerzen im gesamten Unterbauch haben, so wie sie seinerzeit. Prellungen, Blutungen würden diesen Schmerz verstärken und einzig und allein, dass es viel zu schnell mit ihm zu Ende gehen würde, schmälerte ihren Erfolg. Er hatte sie nicht einmal erkannt, keine Reue gezeigt. Sein ganzes Verhalten, seit dem Tag, als sie den Vorsatz fasste, ihn zu töten, und sie ihn darum beobachtet hatte, hatte sich nicht verändert. Er zeigte noch immer dieses besitzergreifende Gehabe, drangsalierte Frauen, wo er nur konnte. Einzig gegenüber seiner Ehefrau versuchte er, sich anständig zu benehmen ... meist gelang ihm das. Verdammt, warum hatte sie so lange gewartet? Der Gedanke schwamm hinter ihren Augen, zu dunkel und zu schwer, als dass sie ihn weiter hätte denken können und wollen. Aber da war noch etwas. Sie konnte nicht genau sagen, was ... ihre Stimmung war so merkwürdig. Mit einem Anflug von Triumph, Genugtuung und Häme, allem zugleich, ballte sie die Faust die und begann wie irre zu lachen. „Ich habe mich gerächt“, schrie alles in ihr.

„Es tut mir so wahnsinnig leid und wenn ich es könnte, ich würde die Uhr zurückdrehen bis zu diesem vermaledeiten Tag, als ich dich an den Ort deines langsamen Sterbens mitgenommen habe.“
Zitat aus dem Brief der Mutter an ihre Tochter.

 





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