Stille Nacht, keiner wacht
Maria Publig

Gmeiner-Verlag

Taschenbuch

ISBN 978-3-8392-0304-0
2022. Auflage

15,– € [D], SFr. 21,90 [CH], 15,50 € [A]
Schnee, Stille und Frieden. All das wünscht sich die Wiener PR-Lady Walli Winzer, als sie ihr Haus im Waldviertel betritt. Doch dann winkt ihr ein neuer Auftrag: Sie soll eine globale Friedensausstellung betreuen. Dabei lenkt sie ein attraktiver Weihnachtsmann ab, der auch das Faksimile von „Stille Nacht“ bewacht. Aber der Mann im roten Mantel macht anderen Frauen ebenfalls schöne Augen. Und kurz darauf liegt der Frauenschwarm tot im Sägewerk. Das war’s mit Stille und Frieden für Walli.
Maria Publig

Maria Publig

Maria Publig wurde in Wien geboren und verbrachte mit ihrer Familie viele Sommer im südlichen Waldviertel. Nach ihrem Studium arbeitete sie als Journalistin für Tages- und Wochenzeitungen. Später wechselte sie als Moderatorin und Redakteurin zum ORF. Bevor sie sich dem Krimischreiben zuwandte, schrieb sie Kultursachbücher, die international ausgezeichnet wurden. Wovon sie überzeugt ist: Für gute Gedanken und Kreativität muss man sich Zeit nehmen. Die gönnt sie sich zwischendurch - ziemlich oft im Waldviertel.

Fragen der SYNDIKAT-Redaktion an Maria Publig

Wo schreibst du am liebsten?

In meiner gewohnten Umgebung

Welches ist dein Lieblingskrimi?

Da gibt es viele

Deine Lieblingskollegin/Lieblingskollege?

Mehrere

Dein Lieblingswort

Hoffnung

Dein Sehnsuchtsort?

Mein kleines Fischerhäuschen

Dein Lieblingsgetränk?

Himbeersaft

Dein Lieblingsmord?

Wer`s im Roman echt verdient hat und dann qualvoll

Wo findest du Ruhe?

Während Spaziergängen und durch Musik

Wo Aufregung?

Solche Orte meide ich

Deine persönlich meist gehasste Frage?

Gibt`s keine.

Das SYNDIKAT-Gewinnspiel

Wir verlosen 3 Exemplare von STILLE NACHT, KEINER WACHT. Die Frage: Welche Baumart ist die meistgenutzte als Weihnachtsbaum? Einsendungen bis zum 28.11.2022 per E-Mail 

Rezensionen

Rezensionen über die Waldviertel-Krimireihe:

„Eins-a-Milieustudie!“ („trend“-Wirtschaftsmagazin, Nr.11-2020)

„Freuen Sie sich auf kantige Charaktere, die auch in diesem Krimi wieder den ungewöhnlichen Plot der Handlung prägen.“ („Österreich“-Insider, 10.3.2021)

Der kleinen Fanny war inzwischen langweilig geworden, und sie stellte sich zum alten Franz Pichler. Sie sah ihm zu, wie er Tannen und Fichten durch eine Netzröhre schob und der Größe nach sortierte. Er versah sie mit Nummern und legte sie in den Lieferwagen. Knorrig und uninteressiert sah er nebenbei zur Kleinen. Als er keine Anstalten machte, mit ihr zu sprechen, richtete Fanny von sich aus das Wort an ihn.

»Was machst du da?«

Franz Pichler schnitt das Netz ab und zog es zur Gänze über den Baum. Dann hob er ihn auf und schubste auch diesen auf die Eingeschlichteten. Der alte Christbaumhändler richtete sich auf und nutzte die Gelegenheit, seinen Rücken durchzustrecken. Er sprach immer noch nichts, sondern sah das Kind ratlos an, als müsste er erst überlegen, ob er ihm antworten wollte.

»Arbeitest du mit dem Christkind zusammen?«, fragte Fanny weiter. »Ich meine, weil du so viele Bäume hast und ins Auto hineingibst.« Sie wartete weiterhin vergeblich auf seine Reaktion, blieb jedoch weiterhin beharrlich. »Wie sollte denn das Christkind die Bäume auch tragen können, wenn es noch so klein ist? Da musst du ihm ja helfen.« Fanny schaute den alten Pichler voller Freude erwartungsvoll an.

Franz Pichler nahm jetzt seine Wollmütze ab und kratzte sich nachdenklich an der Stirn. »Jaja, so ist es.« Dann zog er sie wieder über die Ohren. Ihm war offenbar kalt geworden, und einzelne Schneeflocken tänzelten ihm inzwischen um die Nase. Fast wie diese Kleine hier. Er knurrte daher: »Wir bringen dem Christkindl die Bäume. Später.«

»Da weißt du ja, wie es aussieht, das Christkind. Wirklich so wie in der Krippe dort vor der Kirche?«

Der Christbaumbauer räusperte sich hilflos. »Natürlich. Ganz genauso«, flunkerte er.

Fanny war schließlich noch im Alter, in dem man an das Christkind glaubte.

Vor Kurzem hatte er in einer der bunten Sonntagsbeilagen einer großen Tageszeitung gelesen, dass Kinder bis acht Jahre daran glaubten und es bis dahin auch wollten. Dann begannen sie zu zweifeln: an einem Kind, das durch die Luft fliegen sollte und Geschenke brachte. Spätestens da wurde ihnen klar, dass es so etwas nicht geben konnte. Generell. Im richtigen Leben. Dass das unmöglich war.

Zweifeln war wichtig, war der alte Pichler überzeugt. Denn nur wenn man zweifelte, konnten einem andere nichts mehr vormachen. Nicht mit einem machen, was sie wollten. Gut war es daher, wenn man mindestens zweimal hinhörte und nicht von vorneherein alles glaubte, was einem jemand erzählte. Ja, gewissermaßen – einredete. Auch wenn man es oft hörte. Gerne hören wollte. Sogar darauf vertraute. Dann enttäuscht war, wenn einem klar wurde, dass man getäuscht worden war.

So etwas war dem Pichler Franz oft in seinem Leben passiert. Dass er enttäuscht worden war. Von Menschen, an die er glaubte. Früher. Geglaubt hatte. Damals.

Von vielen hatte er so etwas wirklich nicht erwartet. Den persönlichen Verrat. Zum eigenen Vorteil. Denn etwas anderes war es ja nie gewesen.

Eine dieser Enttäuschungen hatte er geliebt. Sehr sogar. Na ja. Das war schon lang her. Schluss damit. Seitdem. Mit dem Vertrauen. Dem leichtsinnigen. In alles und jeden.