Salzburger Männerherzen

Emons Verlag

Taschenbuch

ISBN 978-3-7408-1756-5

14,– € [D], SFr. 20,40 [CH], 14,40 € [A]
Kauzige Charaktere treffen auf schrägen Humor und Salzburger Charme.

Salzburgs Männer haben’s wirklich nicht leicht. Sie trauen ihren Liebsten nicht und trauen ihnen daher alles zu, und am Ende sterben sie nicht nur an gebrochenem Herzen . . . Als am Eröffnungsabend des jährlichen Volksfests ein Mann tot aufgefunden wird, liegt daher die Frage nahe: War es ein simpler Mord aus Eifersucht? Kommissar Aigner stürzt sich kopfüber und mit zweifelhaften Methoden in die Ermittlungen und bekommt es mit unwirklich schönen Schönheitschirurgen, Kleinkriminellen und Hamburger Oldtimerliebhabern zu tun.

Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Natascha Keferböck

Wo schreibst du am liebsten?

Draußen auf meiner Terrasse, aber nur im Sommer.

Welcher ist dein Lieblingskrimi?

Der Knochenmann von Wolf Haas.

Dein Lieblingskollege/Lieblingskollegin?

Marion Stadler.

Warum bist du im SYNDIKAT?

Wegen der netten Gesellschaft und der hervorragenden Lesetipps.

Dein Lieblingswort?

superkalifragilistikexpialigetisch (seit ich 10 bin - dicht gefolgt von „Spunk“).

Dein Sehnsuchtsort?

Kreta oder Griechenland überhaupt („Irgendwann bleib i dann dort“).

Dein Lieblingsgetränk?

Ein gutes Glas Sauvignon aus der Südsteiermark.

Dein Lieblingsmord?

Der kollektive Mord an Julius Caesar in den Iden des März.

Wo findest du Ruhe?

Im Garten meines Lieblingsapartments in der alten und ruhigen Herrengasse in der Stadt Salzburg mit Blick auf den Festungsberg.

Wo Aufregung?

In der Innenstadt, ich lebe und arbeite in Wien.

Deine persönlich meist gehasste Frage?

Wenn ich jemanden von meinem Handy aus anrufe: „Natascha, bist du’s?“



Schon von Weitem sehe ich den Schorsch am Boden liegen, während die drei schwergewichtigen Holzer-Brüder, unangenehme Vertreter von Lanners rechter Stammwählerschaft, gleichzeitig auf ihn eintreten. Wären sie nicht so brutal, würden mich die Männer in ihren Krachledernen und mit den roten Trachtenwesten über den Bäuchen eher an die Wildecker Herzbuben erinnern.

»Schluss damit!«, brülle ich, bremse ab und komme gerade noch neben dem Schorsch zum Stehen. »Hört sofort damit auf!« Schützend stelle ich mich vor meinen Polizisten, der sich jammernd am Boden krümmt. Die Brüder halten tatsächlich kurz inne, aber nur weil der Lanner, der lässig mit der Bürgermeistertochter im Arm an der Cocktailbar lehnt, warnend die Hand hebt.

»Mischen Sie sich nicht ein, Aigner. Der Baumgartner wollte meine Freundin nicht in Ruhe lassen und hat mich sogar bedroht. Da haben ihn meine Kumpel höflich aufgefordert zu gehen. Aber Ihr Kollege hat sofort wie wild um sich geschlagen, und die Herren mussten sich wehren. Eine kleine Dorfprügelei, weiter nichts.«

»Und dabei zu dritt auf einen Mann eintreten? Sehr mutig«, lache ich höhnisch auf und fange auch schon eine ab. Der jüngere Holzer-Bruder boxt mir mit seiner Rechten in die Magengrube, sodass ich kurz in die Knie gehen muss, weil mir die Luft wegbleibt. Nachdem ich mich wieder gefangen habe, hole ich mit der Faust aus und verpasse ihm einen Kinnhaken. Aber da hält mich schon der ältere Bruder hinten an beiden Armen fest, und der jüngere boxt mir noch einmal seelenruhig in den Magen. Was richtig schmerzt.

Währenddessen versammeln sich immer mehr Leute um uns, doch das scheint die drei noch mehr anzustacheln.

»Lassts den Chef in Ruh«, jammert der Schorsch, rappelt sich auf, zieht den jüngeren Holzer von mir weg und verpasst ihm einen rechten Haken, der sich gewaschen hat. Der Kerl fliegt sicher einen Meter nach hinten. Aber der mittlere und kleinste der Holzer-Brüder springt dem Schorsch von hinten auf den Rücken, krallt sich am Hals fest und schlägt mit der Faust auf seinen Kopf ein. Inzwischen kann ich mich endlich aus dem Griff meines Peinigers befreien und versuche, den kleinen Kerl von meinem Polizisten herunterzuzerren, aber der ältere Bruder nimmt mich schon wieder hart in den Schwitzkasten.

»Na wartet! Ihr elenden Feiglinge!«, höre ich schon von Weitem das laute Organ meiner Schwester. Keine fünf Sekunden später prügelt sie mit ihrer prall gefüllten Trachtentasche auf den älteren Holzer ein, der sich wimmernd die Hände über den Kopf hält. »Lass sofort meinen Bruder los, du Depp!«

Natürlich hat sie den Buchinger und den Andi zur Verstärkung mit dabei, die sich die restlichen Holzer-Brüder vornehmen. Aber auch die haben Kumpel, und weitere Fäuste schlagen auf uns ein. Durch das Geschrei der umstehenden neugierigen Koppelrieder angelockt, kommen immer mehr Leute aus dem Bierzelt. Auch die etwas angeheiterten Burschen vom FC sind darunter. Während ich mir irgendeinen Kerl, den ich gar nicht kenne, vom Leib halten muss, höre ich die Stimme unseres Stürmers Roman, Sohn von Bezirksinspektor Lederer. »Kommts, Burschen, wir helfen dem Herrn Aigner! Auf geht’s!«, ruft er, und die halbe Fußballmannschaft wirft sich mit Hurra ins Getümmel.

Und schon habe ich komplett den Überblick verloren, bis ich endlich Herberts Pfeiferl vernehme. Er ist der Einzige von uns, der so ein Ding noch am Einsatzgurt trägt.

»Auseinand! Aber fix!«, brüllt Gruppeninspektor Heinz Rohrmoser, auch heute im Dienst. »Sonst fordere ich Verstärkung aus Salzburg an, und wir nehmen euch allesamt mit auf die Wach! Habts mich?«

Der Herbert pustet noch mal mit aller Kraft in seine Trillerpfeife, aber es nützt nichts. Im Gegenteil, ein paar schwere Kerle stürzen schon los auf den Heinz.

Ich beobachte, wie meine beiden Polizisten sich zunicken und rasch nach dem Pfefferspray greifen. Dann kann ich grad noch die Gabi aus der um sich schlagenden Menge herausziehen und uns beide in Richtung Bierzelt in Sicherheit bringen. Da der Spray sofort wirkt, löst sich die Schlägerei so rasch, wie sie begonnen hat, wieder auf. Denn ab sofort ist jeder nur mehr mit sich selbst beschäftigt, wie man am Husten und Gejammere hören kann. Tränen rinnen nur so über die Wangen, und die meisten der grad noch groben Schläger halten reflexartig die Augen verschlossen.

»Verdammt noch mal!« Offenbar hat auch der Lanner etwas davon abbekommen, weil er sich unablässig die zusammengekniffenen Augen reibt und nach Luft schnappt, obwohl meine Polizisten sicher sparsam damit umgegangen sind. »Der Einsatz des Pfeffersprays war absolut unverhältnismäßig! Ich verklag Sie und Ihre verdammte Polizeibande, Aigner! Darauf können Sie sich verlassen!«, schreit er wie von Sinnen, aber ich ignoriere den Mann einfach.

»Diesen blasierten Kerl werden wir uns noch zur Brust nehmen, darauf kann der Trottel einen lassen.« Der Buchinger, ebenso ramponiert wie wir alle, kommt auf uns zu. Zwei Knöpfe hat es ihm am Hemd ausgerissen, die den Blick auf seinen behaarten Bauch freigeben. Gemeinsam mit einem ebenso zerzausten Andi hat er den schwer angeschlagenen Schorsch im Schlepptau. Meine Polizisten haben gut gezielt, denke ich mir grinsend. Denn meine drei Freunde haben offenbar kaum Pfefferspray abbekommen.

»Raphi!« Vor Entsetzen ganz bleich im Gesicht, kommt die Marie mit der Erika auf uns zugelaufen. »Oh mein Gott, wie du aussiehst. Tut es arg weh?« Sie drückt mich so fest an sich, dass mir gleich der Magen wieder wehtut. Erst jetzt spüre ich das Blut, das mir von der Stirn über das rechte Auge tropft. Ich wische mit dem Ärmel meines ehemals weißen Trachtenhemds darüber. Anerkennend betrachte ich Vaters Lederhose, der das Ganze nichts anhaben konnte. Für eine Schlägerei ist das Ding tatsächlich gut zu gebrauchen, denke ich mir. »Nur ein paar kleine Kratzer, sonst nix. Der Raphi ist zäh«, antwortet die Gabi an meiner Stelle, die, selbst ordentlich lädiert, prüfend meine Stirn und Schläfen begutachtet. Ihr so schöner Haarkranz hat sich völlig aufgelöst, die Strähnen hängen ihr wild aus dem Zopf, die seidene Dirndlschürze ist zerrissen und das schwarze Dirndl vor Staub ganz grau.

»Schatzl!« Der Andi nimmt sie in die Arme und platzt fast vor Stolz. »Du hast wie eine Löwin für deinen Bruder gekämpft. Ich wusste gar net, dass du so einen Punch draufhast.«