Nur über unsere Leichen
Fenna Williams

Leinpfad Verlag, Ingelheim

Ein Krimi erzählt aus drei Perspektiven - von 3 Autorinnen

ISBN 978-3-9457-8228-6

13,– € [D]
Im idyllischen Weinland Mittenrhein finden die rüstige Winzerin Elisabeth und das ewige Blumenkind Rosemarie ihre Freundin Klara tot im Garten ihres Hauses. Leider vertritt die Polizei die Theorie, dass tüttelige Alte schon mal aus dem Fenster fallen. Elisabeth und Rosemarie erkennen jedoch die Zeichen des Grauens – es war Mord!

Damit beginnt für die beiden Freundinnen, für Elisabeths Neffen und Klaras Sohn und die türkische Detektivin Fatima eine aufregende Zeit. Auf beiden Seiten des Rheins ermitteln sie, wer von Klaras Tod profitieren könnte und das sind nicht wenige …
Fenna Williams

© Saskia Marloh

Fenna Williams

Fenna Williams, *1956,  lebt und arbeitet in Wiesbaden und überall dort, wohin die Recherche zu ihren Büchern sie führen.

Sie studierte Kreatives Schreiben in Seattle, London und Frankfurt und schreibt seit dem Drehbücher, sowie Reiseessays, Kurzgeschichten und Romane verschiedener Genres. Ihr Ermittlerteam um die Geisterjägerin Dona Holstein löst auf historischen Tatsachen beruhende Fälle, die in der Gegenwart zu mörderischen Problemen führen.

Als Fenna Auerbach  schuf sie die Ermittlerin Pippa Bolle aus Berlin, die als Haushüterin und Übersetzerin in unterschiedlichesten Orten Europas Mordfälle aufklärt. Bis zum 6. Band verfasste sie die Bücher gemeinsam mit der Kollegin Keller alias Lotte Minck als Duo Auerbach & Keller. Seitdem führt Fenna die Reihe alleine weiter.

Sie schreibt Essays über Inseln auf der gesamten Welt, die sie in Bänden wie »Die Inselsammlerin« zusammenfasst.

Fenna hat vier Passionen: Schreiben, Shakespeare, Single Malt Whisky und den Wunsch, diese drei Dinge immer wieder neu zu verbinden.

Homepage: www.Fenna-Williams.com

Preise und Auszeichnungen:
- 2. Platz beim Zola Literary Contest, Seattle, USA 
für das Drehbuch »Amazing Days«
- Nürnberger Autorenstipendium
für das Drehbuch »Private Arcadia«
- Tatort Töwerland Aufenthalts-Stipendium der Insel Juist 

Nur über unsere Leichen ist die Empfehlung der Woche der SYNDIKATs-Redaktion vom 21. August 2017.

Kritikerstimme

Eine Story aus drei Perspektiven. [...] Es treten eine Reihe schräger Charaktere auf: Nonnen, Rocker, Fettabsauger und Bügeleisensammler. Der Text wirkt trotz dreier so unterschiedlicher Schreiberinnen wie aus einem Guss.
Anja Baumgart-Pietsch, Wiesbadener Tagblatt

Fünf Fragen an Fenna Williams

Wie begann Ihre kriminelle Laufbahn?
Meine kriminelle Laufbahn begann vor mehr als zwanzig Jahren auf Druck meines Dozenten für Krimiliteratur am Bellevue College, Seattle, der mich mit falschen Versprechungen (weniger Arbeit, kaum Recherche) aus dem Belletristiklager abwarb und mich zur Schreibtischtäterin machte. Ich wühlte mich unter seiner Hand durch alle Arten des Genres vom klassischen Whodunit über Detektivroman bis zum Thriller und bin heute glücklich mit der Entscheidung, Kriminalromane in der Tradition Josephine Teys, Daphne du Mauriers, Agatha Christies bis hin zu PD James schreiben zu dürfen. Mit Nur über unsere Leichen wollten meine Kolleginnen und ich unsere Lust am gemeinsamen Schreiben im Comic-Crime-Stil ausdrücken. Wenn die Leser beim Eintauchen in das Buch nur halb so viel Spaß haben wie wir beim Schreiben, dann werden wir sie bis zu uns Lachen hören.

Wie viele Verbrechen gehen auf Ihr Konto?
Nicht halb so viele, wie ich gerne hätte. Vor mir liegt eine lange Liste von Leuten, die mir im Leben krumm gekommen sind und die alle noch literarisch verewigt werden müssen. Wer besonders böse zu mir war, endet nicht als Leiche, sondern als Mörder. Wer lustig ist, den töte ich zuletzt ...

Was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?
Nichts, ich schreibe lieber die Klageschrift.

Warum haben Sie sich für ein Leben mit dem Verbrechen entschieden?
Ich habe mir alle Berufe angesehen, die sonst noch infrage gekommen wären – Politiker, Hedgefonds-Manager, Baulöwe ... und entschied mich, lieber deren gewaltsamen Tod herbeizuschreiben, des Prestiges wegen: Über mich spricht man netter.

Was ist Ihre Lieblingswaffe?
Das Wort. Ich liebe es, jemanden in Grund und Boden zu schreiben und damit ungestraft davonzukommen.

 

Leseprobe

»Als ich ihr geholfen habe, ihr Testament aufzusetzen, gab es noch die Wogelinde, die ihr Enkel erben soll«, erinnert
sich Rosi.
»Stimmt.« Wie konnte ich den uralten Kabinenkreuzer Wogelinde vergessen, mit dem wir an so manchem Sonntag den Rhein gemütlich hinauf- und hinuntergeschippert sind? Ich denke an schönere Zeiten und daran, ob man den Erben dazu bekommen könnte, einen Vorschuss für das hübsche kleine Boot anzunehmen und ihm so über seine derzeitige Trauer hinwegzuhelfen. Für die Wogelinde würde ich glatt zwanzigtausend Euro springen lassen.
»Ganz sicher, Herr Petz. Meine Großmutter hätte niemals Selbstmord begangen. Dazu war sie viel zu lebenslustig«, erklärt Peter Schönlein gerade und ich bin angenehm überrascht. Also wenn er seine Großmutter so lieb verteidigt,
dann erhöhe ich mal auf fünfundzwanzigtausend.
»Großmutter war immer der Meinung: Das Leben geht weiter«, höre ich den guten Jungen jetzt sagen. »So eine hält aus. Die macht keinen Selbstmord.«
Ich nicke Peter Schönlein anerkennend zu. Ja, so könnte man Klara Schönlein beschreiben. Ich lege in Gedanken noch ein paar Scheinchen für das bewegliche Inventar der Wogelinde drauf. Dreißigtausend also.
»Nein«, sagt Peter Schönlein bestimmt und redet, als wäre das, was er sagt, aller Welt klar gewesen, nur der Verblichenen nicht. »Sie war einfach nur tüdelig. Verstehen Sie? Die ist völlig unbeabsichtigt vom Balkon gefallen.«
»Bitte? Ich höre wohl nicht richtig!« Rosemarie will sich aufregen, aber ich gebe ihr ein Zeichen, sich nicht zu echauffieren und setzte zurück auf fünfundzwanzigtausend.
»Wenn Sie wüssten, was die in letzter Zeit so alles angestellt hat. Ich musste ständig nach dem Rechten sehen. Eigentlich konnte sie überhaupt nicht mehr alleine leben.« Er macht den Fehler, auf uns zu zeigen. »Die beiden Seniorinnen sind einsichtiger, die gehen freiwillig unter ständige Aufsicht, aber meine Oma ...«
Ich höre, wie Rosi nach Luft schnappt und halte ihr vorsorglich den Mund zu. Danach nehme ich im Geiste weitere zehntausend Euro aus der Kasse. So ist das, wenn man handelt. Der Besitzer bestimmt den Preis.
»Stellen Sie sich das nur mal vor: Neulich habe ich ihre Hausschuhe im Kühlschrank gefunden.«
Jetzt ist es an mir, Klara zu verteidigen. »Ja? Na und? Haben wir Sommer? Ist es gerade sehr warm? Hatte Klara oft dicke Beine? Was ist da besser, als die Hausschuhe einen Moment in die Tiefkühltruhe zu stecken und dann wieder anzuziehen? Besser kann man sich gar nicht abkühlen!«
Uniform 1 und 2 gucken mich an, als könnten sie nicht ohne richterlichen Beschluss entscheiden, ob das nun eine clevere Idee ist oder nicht. Schade, dass ich für die beiden noch kein Konto eingerichtet habe, mit dessen Hilfe ich ihre Fähigkeiten bewerten und einordnen kann. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Oder ist das dann Beamtenbestechung? Peter Schönlein sieht jedenfalls durch das Grübeln der Polizisten seine Glaubwürdigkeit in Gefahr und setzt noch einen drauf: »Und dann hat sie nie das Hörgerät reingemacht, wenn Leute kamen. Wie kann man in dem Alter noch so eitel sein, frage ich Sie?«
Rosemarie tut, als hätte sie den Satz nicht verstanden, der imaginäre Fleck auf ihrem Afrikakleid ist wichtiger.
»Ist Ihnen sonst noch irgendetwas an Ihrer Großmutter aufgefallen?«, fragt Petz. »War sie noch in vollem Umfang geschäftsfähig?«
Peter Schönlein wiegt seinen Kopf hin und her, als gäbe es darauf keine eindeutige Antwort. »Zumindest hatten mein Vater und ich in der Richtung noch nichts unternommen, aber über kurz oder lang wäre uns wohl nichts anderes übrig geblieben.«
Zack! Wieder fünftausend Euro weniger. Und wenn ich es so genau überlege, wird sich sicher auch ein Weg finden, an die Wogelinde zu kommen, ohne dafür auch nur einen roten Heller zu bezahlen. Ich nehme Rosis Hand und ziehe sie vom Tatort weg. Mir eicht es. Ich weiß mein Geld für Klara besser anzulegen, als es ihrem Enkel in den Rachen zu werfen.