Harz aber herzlich
Peter Godazgar
Rowohlt Taschenbuch Verlag
Taschenbuch

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Peter Godazgar
Jahrgang 1967, ist in Hückelhoven (NRW) aufgewachsen. Er hat in Aachen Germanistik und Geschichte studiert, anschließend bei der Mitteldeutschen Zeitung volontiert und die Henri-Nannen-Journalistenschule in Hamburg besucht. Derzeit arbeitet er als stellvertretender Pressesprecher der Stadt Halle (Saale). Zwei Nominierungen für den Friedrich-Glauser-Preis in der Kategorie "Kurzkrimi" (2017 und 2019).
Veröffentlichungen:
Knockin' on heaven's door' Roman zum Kinofilm (Heyne, 1997), Unter Schweinen (Grafit, 2005), Unter freiem Himmel (Grafit, 2006), Unter schrägen Vögeln (Grafit, 2008), Willst du mein Single sein (2013), 8 (2013, mit Kathrin Heinrichs, Carsten Sebastian Henn, Jürgen Kehrer, Ralf Kramp, Tatjana Kruse, Sandra Lüpkes, Sabine Trinkaus), Der tut nix, der will nur morden (2015), Acht Leichen zum Dessert (2016, mit Kathrin Heinrichs, Carsten Sebastian Henn, Jürgen Kehrer, Ralf Kramp, Tatjana Kruse, Sandra Lüpkes, Sabine Trinkaus). Killer am Rande des Nervenzusammenbruchs (KBV, 2020)
Außerdem zahlreiche Kurzkrimis.
Fragen der SYNDIKATS-Redaktion an Alexandra Kui und Peter Godazgar
Wo schreibst du am liebsten?
Alexandra Kui: Überall mit Weitblick.
Peter Godazgar: In meinem Schwingsessel.
Welcher ist dein Lieblingskrimi?
Alexandra: Fräulein Smillas Gespür für Schnee.
Peter: Der Räuber Hotzenplotz.
Deine persönlich meist gehasste Frage?
Alexandra: „Ist das Buch/sind die Figuren autobiographisch?“
Peter: „Wie kommen Sie auf Ihre Ideen?“
Warum der Harz?
Alexandra: Ich habe bei der Goslarschen Zeitung volontiert und dabei den Harz und seine Menschen lieben gelernt. Davor wäre ich nie auf einen Berg gestiegen. Höchstens auf einen Deich. Jetzt weiß ich: Die Mühe lohnt sich, nicht nur wegen des Weitblicks, der sich ganz oben eröffnet. Unterwegs liegen unzählige Geschichten in der Luft. Wenn man denn wieder Luft bekommt.
Peter: Der Harz ist eben von jeher auch ein, um nicht zu sagen das Gebirge der Geheimnisse. Wildromantisch, sagenumwoben und momentan stark im Wandel. Und damit der perfekte Schauplatz für eine Krimiserie. Eine mörderisch gute Kulisse sozusagen.
Passen Mord und Humor zusammen?
Peter: Und wie! Wir sind keine Fans ausgiebiger Gewaltszenen. Die Realität ist blutig und düster genug. Für uns war das gemeinsame Schreiben vielmehr eine Art Medizin für gute Laune. Unser Ziel war, ein paar der schweren Themen der Gegenwart auf die leichte Schulter zu nehmen. Das macht sie nämlich gleich viel erträglicher.
Alexandra: Wir dachten, wenn es uns gelingt, unsere Gegensätze nicht als Problem, sondern als Glücksfall und Bereicherung zu sehen, dann können auch ein weltanschaulich angerostetes Harzer Urgestein wie Andreas und eine überspannte Großstädterin wie Ariane zu einem echten Ermittlungs-Dreamteam werden.
Rezensionen
„Alexandra Kui aus Hamburg und Peter Godazgar aus Halle haben zusammen einen achtsamen Thriller geschrieben, der im Harz spielt. Neben Leichen gibt es vor allem viel zu lachen.“ Steffen Könau, Mitteldeutsche Zeitung, 14. Dezember 2024
„Dieser Roman bietet neben dem Kriminalfall vieles mehr. Sozialkolorit, Ost versus West, Großstadt trifft auf Provinz, Diversität, Achtsamkeit und Wortwahl. Diese Themen spiegeln sich in den Charakteren, deren Lebensweisen und Handlungen wider. Und auch der Harz stellt sich vielfältig vor. Als Heimat, Arbeitsplatz, Urlaubsort und als Patient. Ein empfehlenswerter Krimi voller Humor und Ironie. Fortsetzung erwünscht!“ Jutta Engelmayer, Radio Lounge, 26.11.2024
Leseprobe
Als er den Toten erreicht, denkt er, kein Wunder, dass Arielle Holt von Dingens das nicht kalt gelassen hat. Besonders der Hinterkopf ist wirklich kein schöner Anblick.
Andreas schaut die Klippe hinauf. Keine Frage, ein Sturz von da oben kann nicht glimpflich enden. Er stellt sich vor, wie der Unbekannte den Halt verloren hat. Die Folge waren bestimmt zehn Meter freier Fall, schätzt Andreas.
Er ruft die Bergwacht in Düsterode an. Dann macht er mit dem Handy ein paar Fotos von der Leiche und der Umgebung.
„Hallo? Was machen Sie denn?”
Er legt den Kopf in den Nacken und sieht den Kopf der Adligen, daneben Frau Krause, die zweimal bellt.
„Ich komme wieder hoch!”, ruft er. „Frau Krause, bleib fein da.”
Er sieht sich noch ein bisschen um, sucht einen Rucksack oder irgendwas anderes, das der Tote bei sich geführt haben könnte, findet tatsächlich einen Edding. Hatte die Adlige nicht so was erwähnt? Langsam stakst er durchs Unterholz. Sein Blick fällt auf einen Ast, er beugt sich vor, ein extrem gerade gewachsener Ast ist das. Nein, Moment, das ist gar kein Ast, sondern eine dünne Stange. Er fischt Plastikhandschuhe aus der Tasche und streift sie über, dann hebt er die Stange hoch und betrachtet sie.
„Das ist doch so’n …”, murmelt er. „So‘n … Ding. Wo man das Handy dranklemmen kann.
So ‘ne Vollpfostenantenne. Wie heißt das offiziell?”
Das Handy fehlt. Andreas sucht eine Weile, bis wieder die Stimme der Adligen ertönt.
„Haaallooo!”
„Ich komme ja!”, ruft er und macht sich auf den Rückweg.
Als er wieder am Aussichtspunkt ankommt, wirft die Turnschuhträgerin mit dem unaussprechlichen Namen gerade einen Stock, dem Frau Krause begeistert hinterherhechtet.
„Schönes Tier”, sagt sie.
„Ja, finde ich auch.”
„Was ist das für eine Rasse?”
„Ein Schafpudel.”
„Aha. Kenn’ ich gar nicht.”
„Alte ostdeutsche Hütehundrasse.”
„Und der Tote?”
Andreas ist kurz irritiert über den plötzlichen Themenwechsel. „Ja … Also, Sie haben Recht. Der ist tot.”